Bericht und Fotos: Klaus Hoi MJ 1963 A
erschienen in der Absolventenrundschau Nr. 179 | Heft 2/2022
Den Grimming bezeichne ich gerne als meinen Hausberg. Von meinem Wohnort Öblarn habe ich meinen täglichen, aber stets neuen Grimmingblick. Aber bereits zu meiner Jugendzeit in Liezen war der Berg beherrschend und in meiner Schulzeit in Raumberg stellte er eine unglaubliche, ständige Verlockung dar. Unser gestrenger Direktor, Hofrat Lerner, hat Bergsteigen, insbesondere aber eine Besteigung des Grimmings für verboten erklärt, nachdem ein Tiroler Mitschüler am Grimming tödlich abstürzte. Unser Direktor fühlte sich für alles verantwortlich und zuständig, ob der Haarschnitt kurz genug war, der oberste Hemdkragenknopf stets geschlossen war und die Schüler den Sonntagsgottesdienst in der hauseigenen Kapelle besuchten. Im Internat der Schule herrschte ein strenges Regime und das Leben war bis ins private Detail geregelt. Ich empfand dies alles zu eng und eingeschränkt und versuchte beim Bergsteigen meinen Freiheitsdrang auszuleben. Meine bergsteigerische Entwicklung hatte ich bereits mit 15 Jahren als Forstpraktikant im Gesäuse begonnen. In den Ferien 1962 durchstieg ich mit meinem Jugendfreund Hugo Stelzig die Heckmeierroute in der Eiger Nordwand, was selbst Hofrat Lerner zu einem anerkennenden Glückwunschtelegramm veranlasste. Während der Schulzeit blieb aber weiterhin das Bergsteigerverbot aufrecht. Als ich den Plan einer Winterbesteigung des Grimmings in die Tat umzusetzen begann, mussten wir heimlich vorgehen. Wir schlichen uns zu dritt ganz verstohlen aus der Schule, als wir am Freitag, den 8.März 1963 um 13 Uhr zu einer Grimmingbesteigung über den Südgrat aufbrachen. Meine Tourenbuchaufzeichnungen aus dieser Zeit, geben einen interessanten Rückblick auf die bergsteigerischen Vorbereitungen im Winter 1963. So hatte ich im Jänner bereits eine Überschreitung des Gamskögelgrates in den Triebener Tauern bei sehr winterlichen Bedingungen absolviert und am 3.März war eine Winterbegehung der Reichenstein Südwestwand mit Ferdl Taxböck gelungen. Die Grimming Südgratbegehung plante ich mit meinen Mitschülern Ferdl Taxböck und Peter Walchhofer (einem Onkel des Skirennläufers aus Zauchensee) durchzuführen. Im Folgenden möchte ich die Originalbeschreibung aus dem Tourenbuch wiedergeben:
Grimming Südgrat, eine Winterbegehung von 8./9.März 1963.
„Aufbruch zu dritt, meine beiden Klassenkameraden aus der Schule in Raumberg, Ferdl und Peter waren meine Begleiter, als wir um 13 Uhr von Raumberg aufbrachen. Das Wetter war herrlich, außerdem war Vollmond. Die Schneeverhältnisse waren durchwegs, bis auf einige harte Passagen, äußerst schlecht. Der Grat war sehr schön und eindrucksvoll zu begehen. Zierliche Schneegrate und Wächten sorgten immer für entsprechende Spannung. Am großen Gratabbruch („Liegereck“) nahm ich die Stirnlampe zu Hilfe. Der Fels war durchwegs sehr brüchig. Da wir nur einen Hammer mithatten, waren die Standhaken öfter schwierig herauszubekommen. Oberhalb des Gratabbruches erwartete uns ein mühsames Aufwärtsspuren. Um 3 Uhr früh erreichten wir nach 14 Stunden den Gipfel des Hochgrimmings. Der Abstieg über die Multereck Ostflanke (Grasleiten-Rinne) hielt uns noch sehr in Atem. Über sehr steile und harte Lawinenbahnen mussten wir uns buchstäblich mit den Fußspitzen eine Stufenleiter schlagen. Teilweise konnte nur der einzige Hammer und Abseilen helfen (einen Pickel und Steigeisen haben wir nicht mitgehabt).
Um 6 Uhr 30 waren wir bei der Grimminghütte. Ich eilte nach Niederstuttern zu meinem Moped und fuhr nach Raumberg. Als ich dort um 7 Uhr eintraf, war es bereits zu spät, und unsere Abwesenheit bei der morgendlichen Zimmerkontrolle bereits aufgeflogen. Die Bestrafung war sehr demütigend, ich glaube aber, die Tour war es wert!“
Soweit mein Originalaufsatz. Die beinharte Bestrafung durch Direktor Lerner bestand damals aus einer Benachrichtigung der Eltern sowie einer Androhung des Schulausschlusses, sowie vier Wochen Hausarrest. Dieser Hausarrest wurde hin und wieder amnestiert: Wenn die hauseigene Schülerfußballmannschaft gegen Irdning spielte, durften die Hausarrestanten zum Anfeuern auf den Fußballplatz. Gewann die Schülermannschaft Raumberg, dann wurde der Hausarrest aufgehoben. So sind notgedrungen aus Bergsteigern hin und wieder Fußballfans geworden!
Daten:
Grimming Südgrat
Höhenunterschied:
Niedernstuttern–Gipfel 1700 Hm
1.Beg. 1905 K. Domenigg und K. Greenitz, Schwierigkeit III-IV
Direkter Gratabbruch „Liegereck“ 1934, Irimbert Kraiter, Sepp Pekoll, Schwierigkeit IV – V