Ohne Seefeld gäbe es wahrscheinlich kein Raumberg, denn Seefeld war ja im ehemaligen Grand Hotel Post des Eigentümers Werther auf Zeit untergebracht. Es drängte die Entscheidung zu einem neuen Schulstandort. Dazu ist anzuführen, dass bereits seit 1950 das Bundesgut Kuchlbach-Rabenstein bei Golling (Sbg) mit einer Gesamtfläche von 274 ha – davon 98 ha landwirtschaftliche Nutzfläche – als neuer Schulstandort unter Zusammenlegung der landwirtschaftlichen Lehr- und Versuchsanstalten Admont sowie Seefeld zu einer gemeinsamen Bundeslehr- und Versuchsanstalt für alpine Landwirtschaft, vorgesehen war. Das Baumaterial war bereits 1953 in erheblichem Ausmaß in Kuchlbach gelagert. Als Direktor war HR Dr. Ladislaus HULA, welcher bereits im Erzstift St. Peter – dem eigentlichen Beginn unserer Schule – Direktor war, vorgesehen.
Es ergab sich der glückliche Zufall, dass mangels ausreichender Geldmittel des Bundes zu dieser Zeit, der Bau Kuchlbachs nicht begonnen werden konnte, sodass schließlich der Nationalrat den Verkauf des Bundesgutes beschlossen hat. Es wurde um 1,75 Millionen Schilling an einen Kärntner Kaufwerber veräußert.
Der damalige Landwirtschaftsminister THOMA als Steiermärker und hoher Landwirtschaftsfunktionär aus Gröbming, nützte die Gunst der Stunde und entschied, die Schule Seefeld nach Raumberg zu verlegen. Ein glücklicher Zufall für die Steiermark! Das entlegene Raumberg konnte durch die neu errichtete Ennstaler Schnellstraße leichter erreicht werden.
Die ehedem provisorische Höh. ldw. Schule im Erzstift St. Peter (Salzburg) wurde 1948 unter Landwirtschaftsminister Kraus in eine dreijährige Schule umgewandelt und nach GRINS bei Landeck/Tirol verlegt. 1949 erfolgte dann die Übersiedlung nach Seefeld, wo 1950 Dipl.Ing. Edmund LERNER die Schulleitung übernahm. LERNER war bis zur Übersiedlung 1956 in Seefeld und weiter bis 1963 Direktor in Raumberg.
Besonderheiten der Seefelder Schulzeit
Die Berufswahl für jeden jungen Menschen ist ein Wagnis in eine unbekannte Zukunft; allerdings getragen von Erwartung, Zuversicht und Vertrauen! Seefeld war insofern eine Alternative als dieser Schultyp mit dreijähriger Ausbildung zur Matura führte und eine Berufschance für alle war. Es betraf Kriegsheimkehrer als auch junge Mitbürger und es gab keine Altersgrenze für die Aufnahme in die Schule. Der Maturajahrgang 1955 stellte mit 57 Kandidaten aus einer Klasse die höchste Zahl, die es je in Österreich gab und geben wird, dar. Mit Jänner 1956 wurde die Übersiedlung nach Raumberg eingeleitet.
Die Schülerzahl in Seefeld betrug bis zu 150 Schüler im ehemaligen Grand HOTEL POST, einem fünfgeschossigen Baukomplex mit langen Holzbalkonen an drei Seiten des Gebäudes. Es war inmitten von Seefeld, unweit vom Bahnhof und in unmittelbarer Nähe zur Kirche. Den einzigen Hinweis auf die Schule bildete eine etwa 25 cm breite und 1,5 m lange schräg über der Eingangstür angebrachte Tafel mit der Aufschrift „Höhere Bundeslehranstalt für alpine Landwirtschaft“. Diverse Nachschlüssel zur Eingangstür gelangten über Entgelt auch in Schülerhand für „heimliche Ausgänge“ des Abends und der Nacht.
Für die Seefelder waren wir die „Poschtbuam“ und so mancher Schüler verdiente sich als gelegentlicher Schneeschaufler für Hotels ein willkommenes Trinkgeld. Ebenso waren wir als Bauhilfsarbeiter z.B. zu den Osterferien oder nach dem Unterricht begehrt, denn die kräftigen Jungmänner aus der Landwirtschaft wussten willig anzupacken. Wer erinnert sich nicht gern an den einmaligen Seefelder „Postball“, bei dem der Direktor höchstpersönlich vor Beginn beim Eingang – an einem Tisch sitzend – die freiwilligen Eintrittsgelder entgegen nahm. Der Ball mit eigenen Musikgruppen im Speisesaal und im Jägerstüberl war eine Sensation für alle Beteiligten. Eine weitere Besonderheit war das Erscheinen des Direktors beim Frühstück nach der Ballnacht mit der alljährlich wiederkehrenden Verkündigung der Erlassung aller von ihm ausgeteilten Hausarreste.
Die Schulgemeinschaft erfuhr durch die ständige Anwesenheit des Direktors und der respektvollen Lehrkräfte als Mitwohner im Hause, eine eigenartige, schier familiäre Prägung. Durch die teilweise viel älteren Schüler, welche auch Kriegsteilnehmer waren, geschah eine Art Selbstkontrolle in den Klassen. Es wäre sonst unmöglich gewesen, einen Klassenverband mit über 50 Schülern zu disziplinieren.
Die Schulen Seefeld und Raumberg waren und sind Ausbildungsstätten für viele Persönlichkeiten des öffentlichen als auch privaten Lebens: Vom rechtschaffenen, fortschrittlich aufgeschlossenen Bauern über Unternehmer, Bürgermeister, Vereinsfunktionäre, Abgeordnete, Landesräte, Landeshauptleute, Wirtschaftsberater, Universitätsprofessoren als Wissenschaftler und sogar Minister. Alle haben sie die Chance für eine entsprechende Berufslaufbahn wahrgenommen und haben den Streberwillen, welcher durch diese beiden Schulen besonders angeregt wurde, weiter realisiert.
Der Absolventenverband Raumberg-Seefeld wurde unter dem Leitspruch „DIE FREUNDSCHAFT BLEIBT“ 1956 gegründet. Die über Jahrzehnte anhaltende Absolventen-Gemeinschaft ist Beweis genug für die Bedeutung und den guten Ruf des Verbandes im Zusammenwirken mit der renommierten Schule Raumberg-Gumpenstein.
Dieser Text stammt aus der Festschrift „60 Jahre Schulhaus Raumberg-Gumpenstein“ und wurde hier gekürzt. Der volle Text, sowie weiter Zeitzeugenberichte aus Seefeld und Raumberg und Artikel rund um Absolventen, Schule und Forschung sind Inhalt der Festschrift nachzulesen, die per E-Mail an zu bestellen ist.